Montag, 28. September 2009

Gefährliches Sri Lanka

Colombo ist etwa drei Flugstunden von Kuala Lumpur entfernt und man überfliegt auf dem Weg die Insel einmal von Ost nach West, wobei ich mich schon auf die abwechslungsreiche Landschaft - grüne Berge und trockene Ebenen - einstellen konnte. Da die Hauptstadt anscheinend nicht viel zu bieten hat, fuhr ich ohne Aufenthalt nach Nordosten in das geografische und historische Herz der Insel.

Leider gibt es in Sri Lanka keine Reisebusse und man muss selbst lange Strecken in engen, klapprigen Vehikeln zurücklegen, die in Malaysia und Thailand höchstens noch als Lokalbusse eingesetzt würden. Das modernste in diesen Bussen sind die blinkenden Buddhabilder beim Fahrer und das Soundsystem, dass mich stundenlang mit Reggae oder lokalen Schnulzen in ohrenbetäubender Lautstärke malträtierte. Die ersten zwei Sitze des Busses sind für buddhistische Mönche reserviert. Ich konnte beobachten, wie ein blutjunger Mönch in den schon aus allen Nähten platzenden Bus stieg und der alte Mann der vorne saß ohne zu murren aufstand und sich zu den übrigen Stehenden quetschte.

Erstes Ziel war Sigiriya. Darüber ob die Felsenfestung ein Palast oder eine religiöse Kultstätte war wird noch gestritten, aber ihre Überreste sind zweifellos ziemlich beeindruckend. Der Felsen ragt senkrecht aus einer ansonsten recht flachen Landschaft und sieht erstmal wenig spektakulär aus, aber sein nur wenige hundert Quadratmeter großes Plateau war früher dicht bebaut. Im Zentrum befindet sich noch immer ein riesiges Felsbecken, dass Regenwasser sammelte und den Felsen bei Belagerung versorgt.


Als ich auf der Spitze war und auf ein etwas tiefer gelegenes Plateau blickte, stoben die dort versammelten Touristen plötzlich in alle Richtungen auseinander als hätten die steinernen Löwentatzen die den Aufstieg verzieren plötzlich begonnen um sich zu schlagen. Minuten später kamen ein Führer und einige Touristen gerannt, die sich offenbar auf halbem Weg nach oben befunden hatten. Um den Kopf des Führers schwirrten mindestens zehn Hornissen.


Die Nester der Insekten hängen an den Steilwänden des Felsens und ohne ersichtlichen Grund hatten sie begonnen alles zu attackieren was irgendwie nach Mensch roch, obwohl sie nach dem Verlust ihres Stachels sterben mussten. Ich versuchte den Abstieg trotzdem, kehrte aber um weil ich schon nach ein paar Metern von der ersten Hornisse gestochen und von einigen weiteren umschwirrt wurde. Sie verfolgten ihre Opfer zwar bis auf das Hochplateau, konnten aber aufgrund des scharfen Windes nicht so gut manövrieren, so dass ich und etwa 15 weitere Gestrandete dort relativ sicher aber eben auch gefangen waren.

Nach einer knappen Stunde kamen zum Glück Männer mit gelben Ganzkörper-Gummianzügen, in denen wir den Abstieg wagen konnten, auch wenn wir damit so aussahen als bewegten wir uns durch nuklear verseuchtes Gelände. In meiner Herberge erfuhr ich dann vom Wirt, der mittlerweile schon im Hospital nach seinen Gästen gesucht hatte, dass etwa acht Leute mit mehr als zehn Stichen zur ins Krankenhaus nach Kandy gebracht werden mussten. Dorthin fuhr ich dann am nächsten Tag mit dem Bus statt mit der Ambulanz.


An einem See im Vorgebirge gelegen, macht die Stadt einen sehr schweizerischen Eindruck und auch die Temperaturen sind so wunderbar mild, wie ich es schon seit acht Monaten nicht mehr erlebt habe. Das war allerdings nur ein Vorgeschmack auf das richtig kalte Klima im Hochgebirge bei Nuwara Eliya. Der Ort zwischen den Teeplantagen, für die Ceylon so berühmt ist, scheint ständig in Wolken gehüllt zu sein. Wahrscheinlich auch um diesen Temperaturen zu widerstehen, sind die Teesträucher - entgegen meinen Erwartungen - ziemlich hartblättrige Gewächse.


In diesem Gebirge befindet sich auch der Horton Plains National Park - eine Mischung aus Hochsavanne und niedrigem Regenwald in dem man eine wunderschöne Wanderung zum 'Worlds End' machen kann, einer Steilwand über dessen Abgrund man fast senkrecht ins Tal oder in die Weite blicken kann. Die Tour ist allerdings 'was für Frühaufsteher, weil immer pünktlich um halb zehn Wolken ins Tal rollen und man sich wirklich am Ende der Welt wähnt, wenn man an einem weiß wabernden Abgrund steht und ins Nichts schaut.


Von der höchsten Bahnstation Sri Lankas ging es mit dem Zug weiter durch Berge und Teeplantagen. Gegen den Preis von ein paar Zigaretten konnte ich es mir im ersten Wagen bequem machen in dem ansonsten nur zwei Bahnangestellte und zwei bewaffnete Soldaten saßen, die jeden anderen Eindringling ärgerlich vertrieben, obwohl die übrigen Waggons zum brechen gefüllt waren.


Militär und Polizei sind in Sri Lanka omnipräsent. Sie stehen vor jedem irgendwie öffentlichen Gebäude oder haben sich in Maschinengewehrnestern verschanzt und ständig gibt es Straßensperren an denen man kontrolliert wird. Inwiefern das ein Dauerzustand aufgrund des Konfliktes mit den Tamil Tigers ist oder mit der bevorstehenden Wahl zusammenhängt weiß ich nicht. Von vielen Plakatwänden, Heckscheiben und Klotüren lächelte jedenfalls der Staatspräsident wie ein freundlicher türkischer Gebrauchtwagenhändler. Die Kandidaten haben in übrigen, egal für welche Partei sie antreten, starke physiognomische Übereinstimmung: ein dickes Gesicht und einen mächtigen Schnauzer - Politik scheint ein einträgliches Geschäft zu sein.



Zu guter letzt erreichte ich wieder den indischen Ozean und verbrachte zwei Tage im Fort von Galle. Die Stadt erinnert von außen ein wenig an St-Malo: meterdicke Mauern haben sie bis jetzt vor jedem Tsunami geschützt, der sich aus dem Meer erhoben hat, welches die Stadt fast vollständig umschließt. Zwischen den Mauern erinnern die Gebäude eher an ein verschlafenes holländisches Fischerdorf. Hinter den Fassaden wird jedoch überall eifrig an neuen Hotels und Guesthouses gewerkelt, die der Stadt wohl den Schlaf und die romantische Atmosphäre rauben dürften.


http://neon-aristocracy.blogspot.com/

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