Mittwoch, 19. August 2009

Bahasa Melayu

Nach über einem halben Jahr in Malaysia muss ich zugeben, dass ich die Sprache eher schlecht als recht beherrsche. Ich kann ganz gut darüber Auskunft geben wer ich bin und was ich mache und mich über ein paar Alltagsthemen (Essen, Urlaub, Freizeit etc.) unterhalten. Am besten funktioniert das mit malaiischen Händlern oder Busbekanntschaften, weil man von denen notorisch auf Englisch angesprochen wird, auch wenn man immer Malaiisch antwortet. Verstehen ist sehr schwierig da es die meisten Leute irgendwie nicht hinbekommen für den Ausländer langsam und deutlich zu sprechen.


Angeblich ist die Bahasa Melayu eine sehr einfache Sprache und das trifft auf die Grammatik auch weitestgehend zu: Es gibt eine rigide Satzstruktur, Verben und Adjektive werden nie gebeugt und Artikel gibt es nicht. Pronomen sind unveränderlich (z.B. werden Personalpronomen nach einem Nomen zu Possessivpronomen, kucing saya = Katze ich = meine Katze). Im Plural werden Nomen einfach verdoppelt (kedai = Laden, kedai-kedai = Läden).


Schwierig ist es mit dem Nichtvorhandensein des Verbs SEIN umzugehen. SEIN und HABEN sind ja für Germanische und Romanische Sprachen extrem wichtig Verben, die wesentlich mehr bedeuten als nur existieren und besitzen. HABEN heißt auf Malaiisch ADA hat aber einen kleineren Bedeutungshof. (saya seronok = ich glücklich = ich bin glücklich, saya habis = ich Schluss = ich habe Schluss)


Noch merkwürdiger ist es mit den Zeitformen. Es gibt zwei Wege um Vergangenheit und Zukunft auszudrücken: Man kann am Anfang des Satzes eine Zeitpunkt benennen (semalam = gestern, esok = morgen, 4 julai = 4. Juli) oder man benutzt Zeitwörter:

- saya sudah/belum di Kuala Lumpur = ich schon/noch nicht in Kuala Lumpur = ich war schon/noch nicht in Kuala Lumpur

- saya akan pergi ke Kuala Lumpur = ich werden gehen nach Kuala Lumpur = ich werde nach Kuala Lumpur gehen


In der gesprochenen Sprache sind die Malaien allerdings deutlich weniger fabulierfreudig als diese Sätze vielleicht glauben machen, sondern reduzieren die ohnehin simplen Sätze gern auf Einwortäußerungen. Ein Dialogbeispiel:

yum, makan! - sudah. - balik? - kelas.

= komm, essen? - schon. - zurück? - Klasse.

= Kommst du mit essen? - Ich habe schon gegessen. - Also, fährst du jetzt nach Hause? - Nein, ich habe noch Unterricht.


Das eigentlich schwierige sind aber die Vokabeln. Während man bei allen europäischen Sprachen immer viele ähnliche Worte findet, klingt ein malaiisches Wort fast nie wie das entsprechende deutsche, englische oder französische Wort - die Gemeinsamkeiten gehen trotz langer niederländischer, portugiesischer und englischer Kolonialgeschichte gegen Null. Ausnahme sind ein paar aus dem Englischen übernommene Worte. Um herauszufinden was sie bedeuten spricht man sie am besten auf Deutsch aus:

basikal, beg, botol, farmasi, kelas, losen, ogos, sains, teksi (wer mir zuerst alle Englischen Worte korrekt schickt bekommt ein Bienchen, Deutschassistenzlehrer sind von der Teilnahme ausgeschlossen).


Erschwert wird das Lernen dadurch, dass alle Worte viele Vokale enthalten. Typischerweise wechselt immer ein Vokal mit einem Konsonanten wie in SEMALAM (das scheint für asiatische Sprachen allgemein charakteristisch zu sein) oder zwei Konsonanten stehen nebeneinander wie in PERGI - Worte mit drei aufeinander folgenden Konsonanten gibt es praktisch nicht und ein Wort wie das deutsche SCHWARZ, das bei sieben Buchstaben nur einen Vokal hat ist unvorstellbar. Weil es aber nur fünf Vokale gibt sind sie Wörter häufig sehr ähnlich und wenn man auch nur einen oder zwei Vokale oder Konsonanten vertauscht hat man schon ein falsches Wort benutzt:

saya - sayu = ich - traurig

kucing - kacang = Katze - Bohne

sebab - sebak - sebal - sebar - sebat = weil - Atemnot - ärgerlich - verbreiten - schlagen


Alles seeehr schwierig! Damit verabschiede ich mich erstmal in die Ramadanferien. Ich werde bis Ende des Monats in Kambodscha verweilen, wo ich zur Entspannung Bahasa Perancis sprechen kann.


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